Unternehmensbewertung: Vorsicht bei Angaben im Verkaufsexposé

Viele Unternehmen sind auf der Suche nach einem Nachfolger. Einen ersten Anhaltspunkt für den Käufer bietet das Verkaufsexposé, das wichtige Angaben für eine erste überschlägige Unternehmensbewertung enthält. Eine potentielle Kaufinteressentin hat die EC Unternehmensberatung beauftragt, ein ihr vorliegendes Verkaufsexposé im Rahmen einer Kurzstellungnahme genauer zu untersuchen um einen Anhaltspunkt für Unternehmensbewertung zu bekommen.

Unternehmensbewertung: Das Verkaufsexposé gibt erste Hinweise.
Bild von Th G auf Pixabay

Bei einer kritischen Analyse der Verkaufsunterlagen haben wir gleich mehrere Auffälligkeiten festgestellt:

Das Verkaufsunternehmen ermitteln den Gewinn anhand der Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Die erhaltene Umsatzsteuer und die gezahlte Vorsteuer sind in der Gewinnermittlung enthalten. Weiterhin hat der Verkäufer im Exposé die Umsätze als Brutto-Umsätze ausgewiesen. Deshalb ist die Leistung nicht mit einem bilanzierenden Unternehmen vergleichbar. Darum haben wir die Umsatzsteuer und Vorsteuer neutralisiert und aus dem Ergebnis herausgerechnet.

Der Inhaber des Unternehmens lebt von den Privatentnahmen, die er aus dem Unternehmen entnimmt. Leider hat er die Privatentnahmen in seiner Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht ausgewiesen. Auch hier muss die Vergleichbarkeit (zum Beispiel mit einer GmbH) hergestellt werden. Dies geschieht in Form eines kalkulatorischen Unternehmerlohnes, der im Anwendungsfall vorsichtig mit 36.000 Euro angesetzt wurde.

Der Warenbestand war im Branchenvergleich auffällig hoch und entsprach fast einem kompletten Jahresumsatz. Deshalb haben wir kritisch nachgefragt. Tatsächlich hat sich dann herausgestellt, dass es sich Großteils um veraltete Saisonware handelte, die laut unserer Einschätzung nur als Schlussverkaufsware mit großen Preisabschlägen verkauft werden kann.

Fazit: Mit einer Kurzstellungnahme verschaffte sich die Kaufinteressentin Klarheit über die Preisvorstellung des Verkäufers. In diesem Fall hat sich gezeigt, das eine faire Unternehmensbewertung weit von den Vorstellungen des Verkäufers entfernt lag. Das angebotene Unternehmen erzielt nach dem Herausrechnen der Umsatzsteuer und einem angemessenen Unternehmerlohn nur einen marginalen Restgewinn. Der frei erzielbar Cash-Flow rechtfertigte nicht die vom Verkäufer geforderte Unternehmensbewertung. Dazu kommt der schwer zu verwertende Warenbestand. Deshalb wurde das Objekt von der Liste der potentiellen Übernahmekandidaten gestrichen. Inzwischen konnte die Auftraggeberin ein geeigneteres Unternehmen mit einer attraktiveren Bewertung finden.

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